Oktober 2011: Zwanzigzehn / Zwanzigelf - Olavo Schneider


"Ockerland", 2009, Öl auf Leinwand, 200 x 160 cm, Olavo Schneider
Zwanzigzehn / Zwanzigelf
20.10.2011 bis 16.12.2011

SÜDWESTMETALL
Gartenstraße 119
73430 Aalen

Vernissage
Do. 20.10.2011, um 19 Uhr

Grußworte
Dr. Michael Fried
Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth

Einführung
Wolfgang Nußbaumer

Musik
Sebastian Lilienthal, Saxophon
Das Bild erzählt die Geschichte. Der Maler ist ein Reisender. Die Geschichte ist im Maler. Die Reise erzählt das Bild. Der Maler ist im Bild.

Geschichten verwischen, verstecken sich, blitzen nur noch pastellig zu uns in die Gegenwart oder verschwinden ganz. Olavo hält Geschichten in lebendiger Bewegung, auch durch radikale Übermalung von älteren Leinwandbildern. Wenn überhaupt, dann weiß nur noch der Maler welche Geschichten sich unter den Neuen verstecken, welche alten Geschichten die Neuen tragen. Ein Bild auf einem Bild. Man erahnt fast ölige Farbtropfen und Flecken, wie sie versuchen aus der Vergangenheit wieder in den Vordergrund zu treten.

Olavo Schneider: Geboren 1956 in Kiel, Kindheit im schwäbischen Ellwangen, Besuch der Waldorfschule in Sao Paulo/Brasilien, Studium an der Kunstakademie Karlsruhe bei Markus Lüpertz und Schüler bei Per Kirkeby in Dänemark, ist seit 1981 freischaffender Maler mit Werkstätten in Süddeutschland, Lissabon und seit 1989 in Berlin.

Ockerland. Schon die Betitelung des Bildes verweist auf Erzählung, ist doch das Land und seine Eigenheiten immer die Grundlage für Geschichten. Symbolhaftig begreifen wir Stimmung und Protagonisten. Der Plot allerdings bleibt verschwommen, soll sich dem Betrachter eher selbst erschließen. Ein nuancierter Umgang, die gelungene Symbiose des abstrakten Expressionismus prägt einen selbstsicheren Erzählstil.

In jedem neuen Bild ist enorm: der Überraschungseffekt. Vielleicht liegt es daran, dass man den Maler kennt, im Grunde voreingenommen „zur Schau“ schreitet und Erwartungen hat, die dann ungehobelt gebrochen, verletzt und überzogen werden. Nein, es ist keine Entäuschung. Ganz im Gegenteil. Die Mannigfaltigkeit der Möglichkeiten auf dem gefestigtem Weg des Künstlers mit seinem Codex, seiner vorformulierten Semantik und seiner ureigenen Idee folgend, bleiben immer wieder aufs neue überraschend. Jedes mal ist in Erinnerung das letzte mal wie die Geburt eines ersten mals.

Der Maler Olavo taktet sich im Rhythmus seiner Zeit. Das ist gut so, das muß er auch, denn er und seine Arbeiten sind immer ehrlich, direkt und authentisch, bedeuten mutig die Möglichkeit Zweifel zuzulassen, Unsicherheiten auszudrücken und auch das Scheitern zu wagen.


Mehr zu Olavo Schneider auf: www.olavo.de
Mehr über Olavo Schneider bei art@pfel
August 2011: Zeit zeigt Gesicht - Ein Doppel-Portrait von Christiane Reinhardt


"Doppel-Portrait", 2008, Graphit und Acryl auf Papier, ca. 50 x 50 cm von Christiane Reinhardt, Privatsammlung.
Morgens und abends. Gestern und morgen. Damals und heute. Ein Gesicht hat viele Facetten. Oder sehen wir hier zwei in eins? Entstehen durch Überlappung gar drei Gesichter? Die Fragen des Betrachters häufen sich: Stammen die Gesichter vom selben Menschen? Wenn nicht, ist der andere Freund, Feind oder das Alter Ego? Es ist nur schwerlich festzulegen. Diese Arbeit aber läßt exemplarisch ein grundsätzlich wiederkehrendes Thema der Künstlerin Christiane Reinhardt erkennen: Wir schauen in die Zeit!
Christiane Reinhardt (Jahrgang 1946) stammt aus dem bayrischen Nördlingen, Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Prof. Herbert Baumann und konstruktive Auseinandersetzung mit Alfred Hrdlicka. Ihren Lebenslauf zieren diverse Stipendien sowie zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen. Christiane Reinhardt lebt und arbeitet in Überlingen am Bodensee und ist in der deutschen Kunstszene eine feste Größe.

Das Zeichnerische in diesem Doppel-Portrait aus dem Jahr 2008 fesselt und ist markant in einem Duktus, der durch die unterschiedliche Strichführung für die Gesichter erst geheimnisvoll die Charakteren herausarbeitet. Die Typen sind verschieden wenn auch gleich prägnant. Der eine scheint weit mehr durchgearbeitet als der andere. Der abstraktere der beiden Köpfe hingegen hat Durchzeichnung aber auch nicht nötig, um deutlich Stimmung und Mimik darzustellen. Den Gesichtern wohnt ein homogenes Zusammenspiel inne. Sie diskutieren nicht, stehen nicht im Disput. Es drängt sich daher von selbst auf, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt mit all ihren Wiedersprüchen in Alter, Reife, einem Innen und Außen, Ratlosigkeit und Weisheit, Verwunderung und Gelassenheit. Alles Begrifflichkeiten, an verschiedenste Zeitmaßstäbe gebunden, welche auch die Arbeitsweisen von Christiane Reinhardt trefflich umschreiben.

"Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit", ist sicherlich eine der zeitlosesten aber auch die Zeit sichernste Phrase zum Thema, wenn man diese Warnung beherzigt. In Bezug auf das Doppel-Portrait und in Unterstellung, dass vordergründiges Portrait im Bild den Älteren darstellt, markiert sich dieser in seiner Ruhe frischer und gesünder als sein hintergründig anderes Ich. Da ist einer mit der Zeit gegangen.
Christiane Reinhardt fragte sich seinerzeit selbst: "Wie gehe ich mit der Reife des Lebens um, mit der Frucht, bevor sie vertrocknet?" Die Antwort indes schien immer schon in ihren nebeneinander gleichberechtigten Arbeitsstilen vorgegeben: Von wilder, direkter und zynischer Veräußerung und Antwort im Ungehorsam auf unangenehme politsche Themen, über geduldiges Verharren auf passendes Licht wartend für fotografische Momentaufnahmen von scheinbar nebensächlichen Details, die Veränderung spiegeln, bis zum meditativen Malen im sicheren Vertrauen mit sich selbst, kann Christiane Reinhardt zeitbewußt aus ihrer ausgereiften "inneren Patina" schöpfen.

Die Qualität des Bildes entsteht, nebst ausgefeilter Technik und Handschrift der Künstlerin, hauptsächlich durch mannigfaltige Interpretationsmöglichkeiten in den Augen des Betrachters nach seinen autonomen und differierenden Zeitwinkeln.


Mehr zu Christiane Reinhardt auf: www.christianereinhardt.de
Mehr über Christiane Reinhardt bei art@pfel
Juni 2011: Robert LaVerne Steward - Ein Mythos Maler


"Dogon Affenmaske", Radierung 1/33 - Robert LaVerne Steward - ca. 10 x 16 cm.
Die Radierung ist klein im Format. Das Motiv gerade mal so groß wie eine Postkarte. Das ist nicht immer so in der Arbeit von Robert LaVerne Steward. Ganz im Gegenteil: seine Skulpturen können monumentalen Charakter annehmen. Diese Abbildung aber ist ein idealer Einstieg in ein umfangreiches Oeuvre von Robert LaVerne Stewards mythologischer Bilderwelt.

Robert LaVerne Steward (Jahrgang 1944) aus San Francisco, California ist Bildhauer und Maler in der Ateliergemeinschaft in Herdwangen/Schönach im Linzgau. Reisen durch den Pazifischen Ozean und asiatische Gewässer in der US-Navy, Studienjahre in San Francisco unter Hippies in den 68ern und darauf folgende Reisejahre als Musiker und Maler werden LaVerne Stewards Faible zum Mythos beeinflusst haben. Auch heute und im idylischen Ländle sind seine Arbeiten angehaucht und inspiriert von indianischer bis ägyptischer und oft archaischer Zeichensetzung und Symbolhaftigkeit.
Die dargestellte Maske ist ein Motiv der Dogon aus Ost-Mali, ein Volk das in den Felsen von Bandiagara lebt, eine Stätte die 1989 zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Ein Reise-Motiv für LaVerne Steward auf der Suche nach Mythos. Es gibt ca. 100 Typen von Masken in der Kultur der Dogon. Eine Maske kann bis zu 5 Meter Höhe betragen, wird feierlich getragen und trägt in sich Tradition und Verbindung zu den Urahnen der Menschheit. Robert LaVerne Steward hat sich hier für die Affenmaske entschieden. Mit gedeckten Farben, zart und trotzdem prägnant taucht der Gegenstand Maske aus einer durchflossenen Bildsprache auf, die immanent die Richtung weist.

Die Bilder des Malers sind eher selten wirklich gegenständlich, aber befinden sich immer in einem Gestaltungscodex geprägt durch Symbole und erdige Anmutung. Es ist das Mythos-Konzept in der Darstellung - ohne den inhaltlich, konkret zu verfolgenden Mythos zum Thema zu machen, was sich in LaVerne Stewards skulptureller Arbeit um so direkter wiederspiegelt: Tor und Tür, Gong und Gang, Verehrung und Fetisch, Experiment und Exit. Der Tenor in seinem Schaffen führt ein innewohnendes Licht nach draußen und mit einem Mal stehen Monumente im Wald ohne sich widersprüchlich aufzudrängen, einfach eingebunden in Natur, Zeit und Erinnerung an verlorengegangene Mythen.

Anekdote: Eines Tages fand der Künstler einen toten Buntspecht vor dem Küchenfenster. Der Vogel wurde vor dem Atelier beigesetzt, um dessen Gebeine im darauf folgendem Jahr ehrenvoll aus der Erde in eine Vitrine zu entnehmen, zu sortieren und zu präsentieren, zu verwalten in einem Schrein, prachtvoll verehrend aufgebahrt. Gerade fertig. Ein Rabe kam. Dieser Rabe schritt selbstbewußt und zielsicher durch die Hintertür in das geräumige Atelier des ehemaligen Fabrikgebäudes, fand und beanspruchte eben jenen Sarg, in dem die Knochen eines Waldvogels ausgestellt und feil geboten sind, wie die Reliquien der heiligen drei Könige in St. Peter zu Köln. Das Ereignis wurde dokumentiert. Es gibt Fotos davon. Und gleichwohl war der Besuch des Rabens für LaVerne Steward eine Gelegenheit einen weiteren Mythos aufzugreifen, den Raben zu zeichnen und mit dem Symbol unseres labyrintischen Gehirns in Verbindung zu bringen. Sagengleiche Verwirrspiele sind es die wir vorgeführt bekommen. - Wissen wir was? - Was wissen wir?

Wir wissen um Technik. Satellitenbilder aus dem Internet, beispielsweise, sind ein gewohnter Blick. Ungewohnt dagegen das selbe Motiv bearbeitet und aufbereitet als Radierung im Modus einer mythologischen Bildsprache. In Zusammenarbeit mit dem Künstler David Shepherd entstand eine Serie mit einem Blick von draußen auf unseren Mythos Welt, eine Bildfolge von Kontinental-Aufnahmen die Legenden erzählen während wir ohne Unterlass selbst Teil der Weltgeschichte sind, und die Story in unserer Innen-, Außen- und Umwelt unser verdammt erhellender Alltagstraum ist.

Robert LaVerne Steward ist ein gedrungener, kräftiger Mann mit immer freundlich und schelmenhaft lächelnden Augen. So sollte man auch seine Arbeit betrachten: mit Witz und Versinnlichung, mit Kraft und Bewußtsein. Sich mit der Arbeit von LaVerne Steward zu beschäftigen heißt, an Reife teilzuhaben und Reife aus Tradition und Mythologie sanft zu verinnerlichen.


Mehr zu Robert LaVerne Steward auf: www.robert-steward.de
Kunsthalle Kleinschönach: www.kunsthalle-kleinschoenach.de
April 2011: Springtime for your Soul


"feel your power" (´95) - Alison Durham - 12 x 17 cm
Diese kleine Zeichnung aus dem Jahr 1995 ist ein Kraftpaket. Steht ja drauf: "Feel your Power". Und eigentlich ist damit auch schon alles gesagt, wären dort nicht noch die zierlichen Linien auf Aquarell-Papier, die cartoonisitisch und mit Witz ein Universum an Assoziationen auslösen.

Alison Durham (Jahrgang 1970) aus Adelaide/South Australia ist Malerin, Kinderbuchautorin, Illustratorin und Kunsterzieherin. Die Leichtigkeit ihrer Zeichnung spiegelt ihr Gemüt: durchweg optimistisch und fröhlich bildhaft. Eine favorisierende Antwort auf alle Lebenslagen ihrerseits: "Just throw your underpants in the air." Was nichts anderes heißen soll als: Nimm´s leicht und schmeiß raus - Freude genauso wie den Ärger.
Es ist ein Frühlingsbild, ohne Farben zwar, aber kanalisiert in Aufbruchstimmung. Jeder kennt diese Geste und jeder weiß, wie energetisch man sich selbst beeinflussen kann, wenn man die Faust kraftvoll gen Himmel schleudert. (Funktioniert auch mit Unterhosen.)
Ja! - Ich kann das! Ich will das! Ich liebe das! Ich pack das! Ich lebe das! ...

Es ist so einfach und so explorierend wie die Zeichnung selbst: Ein Schritt aus der Demut, wie immer sie sich für das Invidium deutet, zurück zum offenen Begehren, zur Begierde nach Konsenz mit dem eigenen Sein. Nur stehend ist der Apell möglich. Der Mensch steht - für sich selbst. Er steht auf einer Welt in der er sich behauptet.

Der kleine Mann mit den langen Haaren in der Zeichnung steht auf einer Faust, die sich wie ein Sprößling gierig zu Licht und Leben reckt. Die Faust ist Wille, Keim und Welt. Da steht er drauf! - Auf seiner Welt! Denn der kleine große Mann wächst aus sich heraus - aus eigener Hand.
Das ist die wohlwollende Zuversicht in diesem Bildnis.
 
März 2011: Stücke Zeichnen - Njoschi Weber goes "You Tube"


Die neue Rubrik - "Bild des Monats" auf art@pfel.de mit kurzer Besprechung wird eröffnet mit Njoschi Webers "Stücke Zeichnen":



Holy-Wood 2011 - Njoschi Weber auf You Tube.

Njoschi Weber (57, Werbefachmann, Mensch, Maler und Musiker) ist immer auf der Suche nach Möglichkeiten Kunst und Artwork zu platzieren, Kommunikationsmittel und -medien auszuprobieren, und will nun wissen wie sich Serien im Internet etablieren können? Ob es eine Fangemeinde geben kann für das gezeichnete Statement? You Tube ist eine ideale Plattform und ermöglicht nahezu täglich und mal eben eine kleine Geschichte und einen Cartoon live vorzuführen. Die Abfolge der Zeichnung und die Verfilmung des Prozesses bei der Herstellung birgt die Dramaturgie in sich und läßt den Künstler sein Publikum für diese paar Sekunden direkt teilhaben. Unterlegte Sounds tun sein übriges und entstehen oft genug aus derselben Hand.

So gibt es von Njoschi Weber ganz aktuell kurze Filme auf You Tube mit so ironischen Titeln wie: "Lieber gerade aus", "Mehr isst weniger", "Liebe in Religion" und "Holywood".

Soweit - so schön. Will man tiefer gehn, drängt sich schnell die immer wieder selbe, alte, fast schon rethorische Frage auf: Kündet Kunst von Können? Oder muß Kunst künden? Dem Künstler selbst stellt sich diese Frage nicht. Er will es ausprobieren, wissen, testen. Und überhaupt: Machen macht Mut. Womit dann auch von vorne herein die Frage geklärt sein sollte, ob das hingeworfene Schnellzeichnen als feuilletonistischer "Output" qualitativ wertvoll ist und ob es dem Urheber hier überhaupt darum geht ein perfektes Bild vorzulegen? Oder ob er einfach, leicht und auf humorvolle Weise, Wege der Veräußerung sucht, findet und nutzt. Wer glaubt, da mache jetzt einer nur "husch husch", wer glaubt, in allen Webers stecke generell nur plumpe Unterhaltung, der sei gefragt, ob nicht auch über ausgefeilte Produktion hinaus, Kunst - karg, cartoonistisch und konkret - kanalisieren kann. Wichtiger aber noch: Das der das macht, der Weber!

Nicht zu vergessen: Es geht um Spaß und herrlich schrägen Witz!


Alle Zeichen-Stücke auf You Tube
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